Nachdem wir mit Wanaka & Queenstown und im Anschluss Fiordland Gebiete bereist haben, die (zurecht) zu den „Neuseeland-Highlights“ der Lonely Planets und Marco Polos dieser Welt gehören, begeben wir uns entlang der Southern Scenic Road in einen Teil Neuseelands, der weitaus weniger der Reisenden empfängt.
Monkey Island
Unser Weg führt uns im ersten Schritt nach Monkey Island. Nachdem die erste Enttäuschung verdaut ist (es gibt hier gar keine Affen!), lassen wir unseren Camper auf dem kostenlosen Stellplatz direkt am Meer stehen und nutzen die gerade vorhandene Ebbe, um zu Fuß zu der kleinen vorgelagerten Insel namens „Monkey Island“ zu laufen. Ein Blick auf die Gezeiten ist dringend notwendig, denn die kleine Insel bietet wenig Unterhaltung, wenn die Flut einsetzt und Du die nächsten sechs Stunden hier verbringen sollst. Unser Timing passt und so kommen wir auch trockenen Fußes zurück und kuscheln uns im Camper ein. Die eisige Luft, die jetzt direkt vom Südpol an die Küste kommt ist zusammen mit dem Regen doch etwas frisch.
Slope Point: Unser Ende der Welt
„Bis ans Ende der Welt“ – das war so etwas wie der Slogan für unsere Reise.
Doch was ist denn eigentlich „das Ende der Welt“? Gibt es ja eigentlich nicht. Aufgeklärte Menschen wissen: Die Erde ist Rund und weder ein Anfang noch ein Ende kann bestimmt werden. Deshalb definieren wir jetzt mal für uns: Das Ende der Welt ist ein Punkt, der sehr weit weg von Zuhause ist. So weit weg, dass WhatsApp bei Standorten, die wir an unsere Familie senden über 18.000km Entfernung angibt. So weit weg, dass bei dem Punkt, an dem wir uns befinden nur noch Meer und dann der Südpol kommt. Bis dahin sind es hier am Slope Point noch 4803km. Näher könnte man vermutlich nur in Patagonien kommen (und das wollen wir – nebenbei bemerkt – auch erforschen)
Eine etwa 30 Minuten lange Wanderung über Zäune und durch Schafherden führt uns an den südlichsten Punkt der Südinsel. Dort weist ein kleines gelbes Schild auf die Entfernung zum Südpol hin und ansonsten gibt einen tollen Blick auf viel Wasser. Die steile Küste zieht sich so weit das Auge sehen kann und der kalte Wind vom Südpol pfeift vorbei. Ein wenig fühlt es sich an wie in Schottland oder Irland.
Curio Bay
Unser weiterer Weg führt in an die Curio Bay. Hier soll es gleich drei seltene Tierarten auf einen Schlag geben: die niedlichen Gelbaugenpinguine, die kleinen Hector-Delfine und zu guter Letzt noch die Neuseeländischen Seelöwen.
Die Gelbaugenpinguine können bei ihrer Heimkehr am Nachmittag am Strand beobachtet werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Punkten an der Südküste muss hierfür nichts bezahlt werden und auch Absperrungen sind nicht vorhanden. Und zum Glück ist das auch nicht wirklich nötig, da sich die Besuchen – jedenfalls während wir dort waren – benehmen und den Tieren nicht zu nahe kommen. Wir sind noch gar nicht ganz die Treppen zum Strand heruntergegangen, als wir die ersten Watschel-Schritte der kleinen Pinguine sehen können. Einige schwimmen in den Wellen, andere watscheln am Ufer auf dem Weg nach Hause. Wir sind sofort hin und weg, setzen uns und genießen den Anblick. Paul macht sein „ich habe ein Tier gesehen Geräusch“ (klingt ungefährt so: bbwwwweeeeffff) und ist überglücklich. Auch ihn können wir davon überzeugen nicht näher an die Tiere heranzugehen.
Die Hector-Delfine können wir nicht viel später vom Campingplatz aus im Wasser spielen sehen. Doch sie sind recht weit draußen in der Bucht unterwegs und so beschließen wir später noch einmal zu schauen.
Am nächsten Morgen ist es dann so weit: Eva sieht die Delfine recht weit vor in der Bucht schwimmen und entschließt in das eisige Wasser zu gehen, um die Chance zu haben mit den Tieren zu schwimmen. Und sie hat Glück: Die Delfine sind um Sie und ein paar andere – die ebenfalls im kalten Wasser lange genug ausharrten – herum aktiv und spielen mit ihnen und den Wellen. Evas Euphorie kannte keine Grenzen mehr. Schon bevor Sie in das Wasser stürmte nicht und noch weniger, als Sie halb-erfroren aus dem Wasser kam.
Seelöwen sehen wir in Curio Bay nicht, verlassen den Ort jedoch trotzdem, da es entlang der Südküste einige Strände und Buchten geben soll, an denen sowohl Robben als auch Seelöwen beheimatet sein sollen.
Am nächsten Tag schon soll sich unser Seelöwen-Glück dann finden. Wir fahren weiter entlang der Southern Scenic Road und steuern dabei unsere Bleibe für die Silvesternacht an. Eine Campsite (Hillview Campsite) im Garten von Kiwis, die günstig ist, gut gelegen und nebenher sehr gut bewertet und ein paar Tiere da hat. Auf dem Weg dorthin besuchen wir die The Lost Gypsy Gallery – eine verrückte Zusammenstellung von Gegenständen, die zum Spielen einladen. Aus herkömmlichen Dingen des Alltags zaubert der Künstler Spielzeug und Kuriositäten und stellt sie in einem alten Bus aus. Außerdem gibt es noch ein ganzes Haus voll Kunstwerken, die gegen Bezahlung angesehen werden können.
Direkt im Anschluss nutzen wir wieder einmal die Ebbe, um die Cathedral Caves zu sehen. Dabei handelt es sich um Höhlen, die in den Steilklippen der Südküste existieren und die bei Ebbe begangen werden können. Der Weg dahin ist je nach Wasserstand einfacher oder eben nicht so einfach zu bestreiten (und damit meinen wir eigentlich: weniger nass oder ziemlich nass). Wir haben eher weniger Glück und werden ordentlich nass (bis zum Hintern). Timing ist eben alles bei den Wellen. Timing war das, was wir eben nicht hatten auf dem Hinweg. Die Höhlen jedoch lassen uns das schnell vergessen. Sie sind in ihrer Höhe und Tiefe in den Fels sehr eindrucksvoll. Den Rückweg bestreiten wir dann sehr viel trockener. Paul hat in der Bauchtrage nichts zu meckern: mit dem Rücken zur Welle hat er keinen einzigen Tropfen abbekommen.
Den Silvester-Abend verbringen wir dann wie geplant im Nirgendwo. Um Mitternacht passiert einfach „nichts“. Wir genießen den absolut klaren Sternenhimmel (ist das nicht eh schöner als die ganzen Böller und Raketen?) und wünschen uns, dass 2016 viele neue Abenteuer für uns bereithält.
Im neuen Jahr gehen wir dann wieder auf Seelöwen-Suche. Wir fahren zur Cannibal Bay: Fehlanzeige. Weder Kannibalen, noch Seelöwen.
Wir fahren nach Surat Bay und voila: Seelöwen. Sie liegen am Strand, sie schwimmen im Meer und sie kämpfen. Die massigen Tiere sind schön anzuschauen (am besten jedoch aus einer vernünftigen Entfernung) und irgendwie auch verspielt. Wir beobachten einen Angler, der Mühe und Not hat die Seelöwen von seiner Angel fernzuhalten. Entnervt gibt er auf und gesteht sich ein: Es ist nicht möglich Fische zu fangen, wenn Seelöwen in der Nähe sind.
Wir schauen uns anschließend noch den Nugget-Point samt Leuchtturm an und können dort noch Robben beobachten, bevor wir nochmals in der Hillview Campsite halt machen.
Zum Abschluss an der Südküste schauen wir uns „die schottische Stadt Neuseelands“ an: Dunedin. Zuerst geht es auf einen Wochenmarkt (Eva hat einen Fable für Märkte, merkt man das eigentlich in den Berichten?), die Saint Pauls Cathedral sowie die First Church of Dunedin. Wir schlendern durch die Stadt, essen einen Happen, streifen durch die Art Gallery und schauen uns die steilste Straße der Welt an (und wir dachten es wäre die Lombard Street in San Francisco). Dunedin hinterlässt auf uns den Eindruck eine niedliche kleine Stadt mit schottischem Flair zu sein, die einiges zu bieten hat.
Wir fahren in den Vorort Warrington und übernachten wieder einmal kostenlos direkt am Meer und lassen Paul am Sandstrand toben. Er läuft und läuft und läuft und läuft. Damit hat er auf der Reise angefangen und damit ist er auf der Reise immer besser geworden. Nun können wir sagen: Paul kann laufen. Er ist in den Monaten unterwegs so viel „größer“ geworden und überrascht uns Tag für Tag aufs neue mit Dingen, die er lernt und tut.
Nach einer windig-regnerischen Nacht verlassen wir die Südküste. Es zieht uns zurück an die Berge. Doch nicht irgendwelche Berge: Wir wollen zum Mount Cook, Neuseelands höchstem Berg.