Ich schiebe mit dem Kinderwagen durch leere Straßen und höre ausschließlich das Meer und das entfernte Arbeiten mit Besen, Heckenscheren und das behäbige Schieben von Terrassenmöbeln. Es herrscht gähnende Vorsaison an den Stränden von Rimini und wir sind ein weiteres Mal froh über genau diesen Umstand und das Timing unserer Reise. Die absehbaren Massen, für die hier gerade die Vorbereitungen anlaufen, schrecken uns bereits bei der bloßen Vorstellung ab. Dennoch, jetzt in der Ruhe vor dem Sturm, können wir die Stille und die Leere auf den Plätzen und an den Stränden genießen. Auch der Umstand, dass viele der Geschäfte und Restaurants ihre Türen noch nicht für die wenigen Besucher öffnen, stört uns wenig.
Wir sind in einem der vielen Campingplätze entlang der Küste untergekommen, genauer gesagt im schön angelegten Camping Rubicone in San Mauro Mare. Der Platz hat am Tage unserer Ankunft erst den Betrieb wieder aufgenommen und so ist die Platzwahl ganz vorn am Meer gar kein Problem. Der Platz bietet einen eigenen, schönen Strand der bestens für kleine Kinder geeignet ist, da das Wasser sehr lang flach bleibt und erst sehr spät ins tiefere Wasser geht. Größere Wellen gibt es auch nicht. Einziges Manko des Platzes: die als „groß“ titulierten Stellflächen sind immer noch klein, vor allem wenn man Wohnwagen und Auto auf der Fläche unterbringen soll.
Das Einmaleins beim Fahren mit Wohnwagen
Der Weg nach San Mauro Mare lehrte uns darüber hinaus wieder etwas aus dem Einmaleins des Fahrens mit Wohnwagen. Vertraue nicht auf Google Maps. Jedenfalls nicht ausschließlich. Die schnellste Route mag mit dem normalen Auto gar kein Problem sein, mit einem Wohnwagen im Schlepptau kann eine Eisenbahnunterführung mit einer Breite von 2,1 Metern jedoch bedeuten, dass du durch ein viel zu kleines Loch nur die Einfahrt zu deinem Campingplatz siehst, diese aber so nicht erreichen kannst. Schließlich brauchst du den Wagen ja noch im Ganzen.
Und was bedeutet es noch? In einer viel zu engen Straße einer italienischen Kleinstadt einen Wohnanhänger wenden beim Rückwärtsfahren. Perfetto, wie der Italiener sagt.
Nachdem auch diese Hürde geschafft ist, kommen wir in Ruhe an und erobern den fast leeren Platz. Nur ein paar bayrische Mitbürger – dank den dort ausgiebigen Pfingstferien – kommen in den folgenden Tagen dazu.
Strand, Bewegung und gutes Essen
Die kommenden Tage bestehen zu großen Teilen aus Strandeinheiten, Laufrunden und gutem Essen (um das Laufen gehen auszugleichen).
Eine Spezialität in dieser Gegend ist die Piadina. Wir entdecken ein kleines Lokal, das sich als Piadinera bezeichnet. Neugierig (und hungrig) sichern wir uns einen Platz zwischen den Einheimischen.
Die Piadina ist ein sehr dünnes italienisches Fladenbrot, welches auf einer heißen Platte zubereitet und mit frischen Zutaten belegt wird. Traditionell in dieser Gegend mit Squacquerone (ein Frischkäse mit einer ähnlichen Konsistenz wie eine Mischung aus Mascarpone und Crème Fraîche), Crudo (Schinken) und Pilzen. Göttlich. Abgewandelt gibt es auch Pidazza (Piadina Teig als Grundlage für eine leichte Pizza). Für Wrap-Liebhaber gibt es das auch gerollt. Es soll schließlich jeder auf seine Kosten kommen.
Wir gehen die folgenden drei Tage immer wieder in dieses Lokal, da die leichte Speise unheimlich lecker ist und bei den sommerlichen Temperaturen nicht zu schwer im Magen liegt. Das perfekte Gericht für diese Tage und eine weitere Offenbarung der italienischen Küche.
Der Zwergenstaat San Marino
Der Stop in Rimini hatte jedoch auch einen anderen Grund. Wir wollten einen der sechs europäischen Zwergstaaten San Marino einen Besuch abstatten. Über San Marino wussten wir nicht sonderlich viel. Wir wussten, dass die kleine Stadt hoch oben auf einem felsigen Berg liegt und, dass eine Nationalmannschaft im Fußball existiert, die des Öfteren zweistellige Niederlagen einfährt und damit wohl seltener bei einer WM oder EM auf dem Platz steht.
San Marino ist aus der Nähe von Rimini leicht zu erreichen. Die Verkehrswege sollten im Zweifel jedoch auf einer Karte vorher angesehen werden, da auch hier Google Maps spaßige Routen vorgeschlagen hat (ja, unsere Lernkurve in dieser Hinsicht ist verbesserungsfähig). Diese Routen führte uns am Ende noch an unser Ziel und in der Zwischenzeit auch zu einigen Punkten mit schönem Ausblick auf San Marino.
Wir parkten schließlich an der Seilbahn (Funivia) in Borgo Maggiore und erreichten mit dieser Gondel in nur wenigen Minuten San Marino Citta, die Altstadt auf dem felsigen Berg.
Die Stadt San Marino ist dann allein auf Grund ihrer Lage und der historischen Gebäude sehr sehenswert. Auch mit Kinderwagen ist es einfach die Gassen der autofreien Stadt zu durchqueren und die Türme und Aussichtspunkte anzusteuern. Die Besteigung der Türme kann dann mit kleinen Kindern gut erledigt werden, für die Babys empfiehlt sich eine gute Bauchtrage. Der Kinderwagen kann im Eingangsbereich der Museen und Festungsanlagen sicher abgestellt werden.
Etwas verwundert waren wir im ersten Moment über die recht hohe Anzahl an Waffenläden, die es in San Marino gibt. Doch, Waffenbesitz ist in San Marino eben anders geregelt und deutlich liberaler als in vielen anderen Staaten Europas. Wir fühlten uns dennoch sicher.
Mit einem Eis in der Hand bewunderten wir den Ausblick auf die umliegende Gegend und den Tatendrang in der menschlichen Geschichte der dazu führte, dass – zu einer Zeit in der keine Maschinen für den Bau existierten – solche Bauten auf Berge gesetzt wurden. Wahnsinn.
Unser Fazit
Die norditalienische Region Emilia-Romagna hat uns weniger wegen den berühmten Stränden von Rimini als wegen der kulinarischen Highlights und der Nähe zum Staat San Marino überzeugt. Generell sind wir von Strandurlaub auf dem italienischen Festland bisweilen nicht überzeugt, dafür aber umso mehr von dem Angebot auf dem Lande. Das zog sich schon durch unsere Reise durch die Toskana als nun auch durch die Emilia-Romagna. Stränden in Italien werden wir später dennoch eine weitere Chance geben: unser täglich wechselnder Plan beinhaltet die Idee eine Fähre nach Sardinien zu nehmen und nochmal das Insel-Italien zu probieren.
Doch nun geht es erst einmal quer durch das Land um eine Basis in der Nähe von Rom zu beziehen, von der aus eine Nahverkehrsverbindung in Italiens Hauptstadt möglich ist. Von dort aus wollen wir dann Rom als auch die Vatikanstadt besuchen.