Die Berge fehlten uns. Wir als Flachland-Banausen sind so beeindruckt von der Berglandschaft, dass uns die Tage an der Küste ausreichen, um wieder an die Alpen zu wollen. Doch wir wollen nicht einfach an die Alpen, sondern zum Mount Cook, dem höchsten Berg Neuseelands (3.724m).
Wir haben das Wetter beobachtet und unseren Weg so geplant, dass wir bei bestem Wetter und Sonnenschein am White Horse Hill DOC Campground nahe des Mount Cook Villages ankommen. Einen Regentag zuvor verbringen wir mit einem kurzen Besuch im Küstenort Omaru und bei einem „Stopover“ auf der Hälfte des Weges in Omarama. Ein regnerischer Tag, den wir für den administrativen Aufwand beim Leben im Camper nutzen: Schmutzwasser loswerden, Wasser auffüllen, einkaufen und tanken.
Unser Plan geht auf und das Wetter spielt mit: Schon weit vor der Ankunft am Mount Cook offenbaren sich fantastische Blicke auf die alpine Berglandschaft.
Entlang der Straßen wachsen Lupinen, das opalfarbende Wasser von Lake Pukaki scheint fast unwirklich schön und im Hintergrund sind die beindruckenden Gipfel der Alpen zu sehen. Wir hören Bosse mit „Schönste Zeit“ und genau diese Worte treffen es auf den Kopf. Jedes Mal wenn wir diesen Song jetzt hören, werden wir an diesen Moment denken und lächeln.
Der Weg entlang der westlichen Seite des Lake Pukaki bietet eine Reihe an spektakulären Ausblicken und Gelegenheiten zum Fotografieren. Am Ende dieses Weges – und hier ist der Weg wirklich ein gutes Stück vom Ziel – liegt Mount Cook Village. Kurz vor dem Ort zweigen wir ab und begeben uns zum White Horse Hill Campground.
Von dort aus beginnen einige Tracks in der Gegend. So auch der Hooker Valley Track der vorbei am Mueller Glacier Lake führt, uns über drei Hängebrücken lotst und schließlich an einem Gletschersee (mit wirklichen Eisbergen darauf) am Fuße des Mount Cook endet. Definitiv ein extrem schöner Weg, der leicht zu gehen ist und bis auf wenige Stufen sogar mit einem Kinderwagen/ Buggy machbar wäre. Auf dem gleichen Weg geht es zurück zum Start. Für die knapp 11km (Hin- und Rückweg mit je 5,5km) haben wir inklusive Pause am Gletschersee, Foto-Stopps und Paul-Läuft-Selbst sowie Paul-Will-Nochmal-Zurück-Auf-Die-Brücke-Aktionen vier Stunden benötigt.
Zurück am Camper stellen wir unsere Stühle und Tische auf, bereiten das Abendessen vor und genießen das Erlebte und gleichzeitig die Vorfreude auf das was kommen wird: Der Einbruch der Dunkelheit und damit die Chance bei klarem, wolkenfreiem Himmel den Sternenhimmel in einem der nur 10 International Dark Sky Reserves der Welt zu sehen. Wir bringen Paul ins Bett, ziehen uns warm an, nehmen eine Flasche Wein mit nach draußen und sehen zu, wie der Himmel immer dunkler wird und immer mehr Sterne vor unseren Augen sichtbar werden. Erst kurz vor Mitternacht ist der Himmel so richtig dunkel und neben den vielen Sternen sind auch unzählige Sternschnuppen zu sehen. Es ist unvorstellbar wie viele Sterne so klar zu sehen sind.
Ich ziehe noch einmal los, um den Sternenhimmel auch auf Fotos festzuhalten. Ich treffe ein paar Gleichgesinnte und wir alle stellen fest, dass Fotos diese Magie gar nicht transportieren können. Es sind schöne Bilder, doch sie zeigen nicht annähernd den Zauber des Moments.
Glücklich und ausgekühlt ziehen wir uns in unseren Camper zurück. Für eine weitere Nacht, in der es nur 3°C sein werden. In einem Camper ohne Standheizung stellt sich dann bald die Außentemperatur auch im Innenraum ein und es wird beim Schlafen kalt um die Nase. Paul ist in einem Schlafsack gut eingepackt und stört sich daran wenig, doch die Decken, die es standardmäßig in den Campern gibt, sind für solche Temperaturen nicht ausgelegt. Die wirklich bibber-kalten Nächte können wir in unseren sieben Wochen zwar grob an einer Hand abzählen, jedoch würden wir das nächste Mal (auch im Sommer) ein paar Decken extra besorgen.
Am nächsten Tag (nach einem aufwärmenden Frühstück in der Sonne) schauen wir uns noch bei einer kleinen Wanderung die Blue Lakes und den Tasman Glacier View an (40min, viele Stufen, etwa 1,5km). Der Tasman Glacier Lake kann sogar mit kleinen Booten befahren werden. Beim Erdbeben in Christchurch in 2011 brach hier ein Teil des Gletschers ab und rutschte in den See und löste so 4m hohe Wellen aus, die auf die Boote zurollten. Beim Blick auf den ruhigen See und die kleinen Boote möchten wir uns diesen Moment gar nicht vorstellen.
Der weitere Weg führte uns wieder entlang des Seeufers, um den nächsten, ebenfalls opalfarbenden See zu erreichen: Lake Tekapo. Dort auf einem kleinen Berg gelegen ist das Mount John Observatory. Ein Forschungszentrum mit Sternwarten. Von hier aus können wir den Blick über den gesamten See, die kleine Stadt Tekapo sowie die umliegende Landschaft schweifen lassen. Nebenbei bemerkt: Auf dem Mount John gibt es ein Café, dass gute Flat Whites macht und es werden auch Touren und nächtliche Sternenbeobachtungen angeboten.
Wir begehen den Mount John Loop Walk (45min), um noch mehr von dem Blick auf die wunderschöne Landschaft einzusaugen. Anschließend bewegen wir uns in Richtung Nachtlager in der Nähe des Sees. Auf dem Peninsula Walkway können wir dann bestätigen, was eine Freundin über den See und die Umgebung meinte: „Da hörst Du einfach nichts. Da ist nichts. Einfach Ruhe“. Das stimmt: Wäre nicht ein leichter Windhauch und immer mal ein entferntes „Määäh“ der Schafe, wäre es einfach nur still. So hatten wir uns Neuseeland immer vorgestellt.
Ein weiteres Mal nehmen wir dann langsam Abschied von den Alpen. Diesmal wohl für eine etwas längere Zeit, da unsere sieben Wochen in Neuseeland so langsam ein Ende finden. Wir machen uns auf den Weg in Richtung Christchurch, um dort die Stadt, sowie vorgelagerte Gebiete wie Akaroa und Lyttelton zu besuchen.