Immer wieder haben wir gehört, dass Wanaka und Umgebung das Highlight von anderen Neuseeland-Reisenden war. Die Antwort kam häufig schnell und eindeutig auf unsere gern-gestellte Frage nach den persönlichen Highlights. Dementsprechend hegten wir eine gewisse innere Unruhe, als wir entlang des Hass-Passes, der uns auf die gegenüberliegende Seite der Alpen führen soll, fahren.
Doch schon vor Wanaka stellen wir fest, dass sich Neuseeland wieder einmal komplett neu erfindet. Die Landschaft verändert sich entlang dieser Strecke immer wieder und offenbart wundervolle Blicke entlang von Flüssen vor steil abfallenden Bergen, wunderschöne Täler und klare Seen. Wir sind noch nicht mal ganz in Wanaka angekommen und können schon jetzt die Begeisterung für diesen Teil Neuseelands verstehen.
In Wanaka angekommen parken wir direkt am Lake Wanaka und schauen uns zunächst in der Stadt um und holen uns die nötigen Informationen in der iSite. Nachdem es mit einem Helicopter-Flug am Franz Josef Gletscher nicht geklappt hatte, wagen wir hier einen neuen Versuch, da die Wetteraussichten sehr gut sind und informieren uns auch hier über die Möglichkeiten. Wir geben uns vorerst ein wenig Bedenkzeit und beschließen am nächsten Tag den Rob Rock Glacier Track zu wandern.
Der Rob Roy Glacier Track
Dieser Track hat es in sich und lohnt sich definitiv. Und der Track beginnt schon mit kleineren Herausforderungen vor der eigentlichen Wanderung. Wir verlassen Wanaka mit dem Camper-Van in Richtung Mount Aspiring Nationalpark, einer etwa 50km langen Sackgasse. Die letzten 30km entlang dieser Strecke ist eine Gravel-Road (jedoch gut präpariert) mit vielen Cattle-Grids und am Ende – und das ist wirklich etwas abenteuerlich – mit 10 Flussläufen, die durchfahren werden müssen. Am Ende der Straße – die allein schon durch ein sehenswertes Tal führt – wartet der Parkplatz. Dort packen wir unsere Wanderausrüstung (Tagesrucksack und Kraxe) zusammen und ziehen los.
Der Weg führt anfangs entlang des Rob Roy Streams über eine Hängebrücke in einen bewaldeten Hang und geht ab diesem Zeitpunkt steinig und steil nach oben. Zum Teil ist der Weg dünn und fällt neben der Lauffläche steil nach unten ab wo immer wieder das Rauschen des Flusses zu hören ist. Immer wieder tun sich gewaltige Ausblicke vor unserer Nase auf, doch das eigentliche Highlight müssen wir uns hart erarbeiten: Den freien Blick auf den riesigen (und sehr nah vor uns liegenden) Rob Roy Gletscher. Diesen Blick können wir erstmals am Lower Lookout genießen, verweilen hier aber nicht, da wir den Upper Lookout für unser Picnic ins Visir genommen haben. Zum Upper Lookout sind es noch einmal 30min und etwa ein Kilometer.
Dort angekommen verschlägt es uns beinahe die Sprache. Riesige Wasserfälle, die so tief fallen, dass der Wind auf dem Weg nach unten ein Teil des Wassers davon trägt. Steil abfallende Felswände und ein gigantischer Brocken Eis, der auf dem Berg liegt. Die Anstrengung der 450 Höhenmeter und knapp 6 Kilometer Weg haben sich gelohnt. Wir genießen diesen Augenblick und stärken uns, bevor es bergab den gleichen Weg wieder nach unten geht.
Paul schenkt sich den Rückweg und schläft in der Kraxe friedlich ein. Wir wandern den schönen Weg zurück und genießen die Abwechslung nach unten statt nach oben zu laufen. Nach insgesamt 12 Kilometern und 3,5 Stunden Gehzeit (ohne die Pause am Upper Lookout) sind wir wieder (etwas erschöpft und zufrieden) am Parkplatz. Auf dem Rückweg halten wir bei Aspiring Helicopters an, die direkt auf dem Weg liegen, um unser anderes Vorhaben auf den Weg zu bringen.
Essenstipp: Nach so einer Wanderung brauchen wir Energie. Und wir hatten mächtig Hunger. Sollte es Euch auch so gehen, können wir in Wanaka Red Star Burger empfehlen.
Auf Gletschern gehen und den Mount Aspiring umfliegen
Am nächsten Tag ist es dann so weit. Nach einem entspannten Frühstück in der neuseeländischen Sonne vor unserem Camper-Van brechen wir wieder in Richtung Mount Aspiring Nationalpark auf. Diesmal heißt unser Ziel Aspiring Helicopters. Uns hatte hier die Kombination im Angebot angesprochen, da wir hier den Nationalpark überfliegen, den Mount Aspiring (der höchste Berg im Nationalpark) umfliegen und sowohl eine Berglandung als auch eine Gletscherlandung erleben werden. Das Ganze in einer Dauer von etwa 60 Minuten. Durch die Ausgangsbasis am Tor zum Nationalpark (und nicht am Flugfeld von Wanaka), sind die Flugstrecken kürzer und somit die Kosten mitunter geringer.
Um 11:30 Uhr heben wir also ab und erleben eine sehenswerte Tour und landen an Stellen, die wir nie hätten „erwandern“ können. Während des Fluges erklärt uns unser Pilot Alex die Dinge, die wir sehen und erläutert auch während der Landungen was wir vor unseren Augen sehen.
Die 60 Minuten verfliegen viel zu schnell. Die abermillionen Eindrücke drängen sich in unserem Kopf und fühlen sich nicht ganz real an. Wir stehen auf einmal im Schnee. Mitten auf einem Berg, unweit vom Mount Aspiring und schauen wenig später von einem Berg bis an das Meer der Westküste.
Paul erlebt den Flug auf unserem Schoß. Hier gibt es keine Variante ihn mit Kindersitz zu sichern. Gegen die Lautstärke (vor allem bei den Landungen und beim Verlassen des Helicopters) gibt es extra kleine Ohren-Schützer für ihn. Wie das jedoch so ist, ist es ein Kampf gegen Windmühlen ihm diese über den Kopf zu streifen. Während des Fluges sitzt Paul also häufiger mit den Dingern in der Hand da, als sie auf dem Kopf zu haben. Mit einem wirklich kleinen Baby würden wir von einem so langen Flug (oder überhaupt) abraten. Paul hatte jedoch zu Beginn des Fluges (da es dann noch sehr spannend ist) und bei den Landungen im Schnee sehr viel Spaß. Nachdem es weniger spannend für ihn wurde, kippte die Stimmung gegen Ende des Fluges etwas. Insgesamt ein wirklich schöner Flug, der auch mit Paul gut machbar war, über einer Landschaft, die uns immer wieder staunen ließ. Nebenbei überflogen wir am Ende auch noch einmal den Rob Roy Gletscher, unseren Freund vom Tag zuvor.
Weihnachtsquartier in Arrowtown bei Queenstown
Weihnachten lassen wir ruhig angehen. Und mit etwas Komfort. So mieten wir uns in den Holiday Park in Arrowtown ein. Arrowtown ist ein kleines, beschauliches Städtchen etwa 20 Minuten von Queenstown entfernt. Wer also dem Trubel in Queenstown entgehen möchte, ist hier gut aufgehoben.
Am 24.12.2015 – ein ganz normaler Tag in Neuseeland, da hier erst am 25. Dezember Weihnachten gefeiert wird – schauen wir uns Queenstown an und nehmen unser „sehr weihnachtliches Mittagsmenü“ in einem Park, bei strahlender Sonne, direkt am See ein. Und was gibt es? Burger. In Queenstown gibt es Fergburger. Fergburger ist aber nicht irgendein Burger, sondern einer der besten, die wir je gegessen haben. Leider kennen diesen Ruf schon seeeehr viele und so stellt sich Eva in die lange Schlange, während die Männer schon einmal die Stadt erkunden. Ein Weihnachts-Essen wie es zu uns passt, irgendwie.
Doch es wird in der Tat noch etwas weihnachtlicher bei uns. In Arrowtown gibt es einen kleinen Park, in dem ein Weihnachtsbaum aufgestellt ist. Das haben wir schon am Vortag ausfindig gemacht und haben beschlossen dort die Bescherung mit Paul zu machen. Gesagt, getan. Wir packen Pauls (kleine) Geschenke ein und ziehen los zu „unserem“ Weihnachtsbaum. Im Café nebenan läuft sogar Weihnachtsmusik und so passt irgendwie alles.
Im Anschluss haben wir noch etwas Besonderes geplant. Wir wollen einen lokalen Weihnachts-Gottesdienst besuchen und gehen dazu in die Saint Pauls Cathedral (wie passend der Name doch ist). Dort werden wir sehr herzlich begrüßt und fallen während der gesamten Zeit durch ein überaus wohlgelauntes Kind auf. Paul lacht die meiste Zeit so laut, dass andere Menschen in der Kirche davon angesteckt werden. Aber was gibt es schöneres, als ein glückliches, lachendes Kind zu Weihnachten? So sehen es die anderen Menschen in der Kirche auch und kommen nach dem Gottesdienst zu uns, um Paul noch einmal zu sehen und ihm eine gute Nacht zu wünschen.
Für uns ist Weihnachten (in deutscher Manier) eigentlich „schon durch“, während hier in Arrowtown die Familien am 24. Dezember so langsam zusammen kommen und grillen und erst am 25. Dezember das wirkliche Weihnachten beginnt.
Den nächsten Tag verbringen wir ganz ruhig in Arrowtown und genießen das Wetter. Paul badet in strahlendem Sonnenschein in seinem „Privat-Pool“ (Utensilien-Kiste aus dem Camper) vor dem Camper-Van und wir nutzen die Zeit für FaceTime-Telefonate mit unserer Familie in Deutschland.
Glenorchy und Kinloch – sind wir in Schottland?
Die Namen mögen es andeuten, jedoch sind wir weiterhin in Neuseeland. Und zwar am Lake Wakatipu (oder für uns, inspiriert durch den Lonely Planet: am „Comic-Blitz-See“, da er genau diese Form aufweist). An diesem See liegt auch schon Queenstown. Der See ist über 250km lang und im Durchschnitt über 300m tief. Außerdem ist er durchgängig nur 10°C warm.
Es ist weiterhin sehr warm und wir genießen dieses Wetter in diesem idyllischen Stück Land. Das Wasser des Sees ist unglaublich klar (der See zählt zu den reinsten Gewässern der Welt) und hat eine atemberaubende Farbe. Der DOC Campingplatz in Kinloch am nördlichen Ende des Sees, an dem die Zuläufe der klirrend-kalten Bergbäche auf den See treffen, ist extrem schön gelegen. Wir stellen unseren Camper mit tollem Blick auf den See ab und waten durchs eisig-kalte Wasser. Und dann gehen wir baden. Es ist so schön warm, dass genug Überwindungskraft vorhanden ist, um in das 10°C kalte Wasser einzutauchen. Was für eine Wohltat! Und wie gut es sich anfühlt!
Nebenbei: Springt man vom Bootsanleger direkt in kalte Wasser, gibt es ein kostenloses Heiß-Getränk in der Lodge am See, wenn man ein Bild davon vorzeigt. Nette Idee.
Hier werden wir auch erstmals damit konfrontiert, dass in Neuseeland mit Weihnachten auch die Sommerferien beginnen (klingt für uns immer noch seltsam, stimmt aber). Ab diesem Zeitpunkt fliegen die Neuseeländer aus, um ihr eigenes Land zu bereisen und beziehen die Campingplätze. Platz gibt es jedoch auch für die deutlich gesteigerte Anzahl an Campern genügend und so lehnen wir uns zurück, trinken ein Glas Wein und genießen den Sonnenuntergang am klarsten See, den wir bisher gesehen haben, umringt von schneebedeckten Bergen und planen, wie wir am Anschluss Fiordland und vor allem Milford Sound erkunden möchten.